Impressionen von der 13. Istanbul Biennale

Impressionen von der 13. Istanbul Biennale

 

„Mama, bin ich ein Barbar? lautet der reichlich mysteriöse Titel der diesjährigen Kunstbiennale in Istanbul, die vom 14. September – 20. Oktober 2013 dauert. Die Kuratoren wünschen sich eine politische Biennale, die sich im öffentlichen Raum abspielt, für jeden zugänglich ist – deshalb wird auch erstmals kein Eintritt verlangt.

 

88 Künstler problematisieren mit ihren Werken „die Spaltung unserer Welt in Barbarei und Zivilisation, Natur und Kultur, Individuum und Gemeinschaft, Ziellosigkeit und Gesetze etc. und visualisieren diese intellektuellen Prozesse zusammen mit emotionalen Experimenten“ - so steht es ziemlich anspruchsvoll im offiziellen Begleitprogramm.

 

Tatsächlich findet die Biennale an einem Hauptort und 3 kleineren Dependancen statt, die nicht sofort ins Auge springen, sondern sich fast zu verstecken scheinen.

 

Nach den brutalen Reaktionen der Regierung auf die Protestbewegung der Jugend in diesem Frühjahr hat man fast den Eindruck, dass die Macher der Biennale etwas der Mut verlassen hat. Von großer Öffentlichkeit ist jedenfalls keine Spur – aber vielleicht kommt das noch in den nächsten Wochen.

 

In den geschützten Räumen der Ausstellungshallen findet tatsächlich politischer Protest statt – am eindrücklichsten im Video von Kalil Altindere, in dem 3 Rapper durch ein Abrissviertel hetzen, einen Polizisten niederschlagen, selbst beschossen werden und trotzdem weiterrappen! Hier spürt man die Wut und den Hass gegen die Reichen und Mächtigen, die rücksichtslos alte Bausubstanz vernichten, um Platz für Luxuswohnungen zu schaffen. Wenn man als Besucher mit offenen Augen durch Istanbul läuft, sieht man an vielen Stellen diese neuen Wunden, die Bagger in altes, historisches Gemäuer reißen.

 

Viele Künstler beschäftigen sich in ihren Werken und Installationen mit den eingangs genannten Gegensätzen, allerdings in weitaus subtilerer und oft auch verschlüsselter Form. Insofern wird dem Besucher einiges abverlangt, jenseits der reinen ästhetischen Beurteilung der ausgestellten Kunst.

 

Unsere kleine Gruppe hat alle 4 Ausstellungsorte ausgiebig besucht und (trotz des politischen roten Fadens) durchaus sehenswerte Kunst gesehen. In der folgenden Fotogalerie versuche ich, in einer durchaus subjektiven Auswahl einen visuellen Überblick und Eindruck der ausgestellten Kunst zu vermitteln. Im Vergleich zur vergleichsweisen gigantischen Biennale in Venedig ist die Istanbul-Biennale „klein, aber fein“ – und lohnt auf jeden Fall einen Besuch, abgesehen davon, dass Istanbul immer eine Reise wert ist!

 

Klaus Weidner, September 2013

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